Eindosierung/ Eintritrierung von Elvanse adult (Lisdexamfetamin)

Basierend auf persönlichen Erfahrungen und Berichten aus der Selbsthilfe, teile ich hier Erkenntnisse zum Prozess der Titration bei Lisdexamfetamin (Elvanse).

Die Dosierung verordnet natürlich immer der Facharzt – die Informationen dienen der Aufklärung und können auch eine Hilfe sein, um mit dem behandelnden Arzt zu kommunizieren. Fragen und Feedback sind willkommen!

Offizielle Dosierungsempfehlungen

• Individuelle Dosierung: Anpassung an therapeutische Erfordernisse.
• Startdosis (Initialdosis): 30 mg täglich am Morgen.
• Steigerung: Wöchentlich um 20 mg möglich.
• Maximale Dosis: 70 mg/Tag.
• Vollständige Fachinformation

Beginn der Eindosierung

• Starttag: Beginne möglichst an einem freien Tag. Auch jede Dosisänderung besser an freien Tagen beginnen, wenn möglich.
• Koffein: erstmal verzichten oder reduzieren:
  • besonders während der Wirkzeit des Medikaments. Koffein ist ebenfalls ein Stimulans und die Kombination kann zu Nebenwirkungen führen, welche man mit beiden Substanzen allein nicht hat – dies kann die Eindosierung behindern. Abends ein Espresso hat mir nichts ausgemacht. Manche können Koffein mit Stimulanzien gut vertragen, andere nicht. Das muss man ausprobieren. Man muss deshalb nicht „100 Prozent“ auf jegliches Koffein verzichten – man sollte nur wissen, dass es einen Unterschied machen kann.
• Einnahme: Morgens, unabhängig von Mahlzeiten; fettreiche Mahlzeiten können den Wirkungseintritt verzögern.
  • Der Ph- Wert des Magens hat keinen Einfluss (anders bei Medikinet adult). Es gibt auch keine (relevante) Interaktion mit Zitrusfrüchten.
• Kapselinhalt: Wasserlöslich, kann in Wasser oder Orangensaft aufgelöst werden.
• Einnahmezeit: Nicht zu spät, um Schlafstörungen zu vermeiden.
• Wirkungseintritt und -dauer: Normalerweise 45-60 Minuten nach Einnahme, bis zu 14 Stunden anhaltend. Die wahrgenommene Wirkzeit kann jedoch auch wesentlich kürzer ausfallen und ist abhängig von der Dosis.
• Dokumentation: Tägliche Aufzeichnung von Wirkungen und Nebenwirkungen sowie Einflussfaktoren. Du kannst sonst nicht mehr nachvollziehen was mit welcher Dosierung und welchen Faktoren anders war.
• Einflussfaktoren: Schlaf, Stress, Sport, Ernährung; bei Frauen der Menstruationszyklus.
• Regelmäßige Mahlzeiten: Wichtig, da Elvanse den Blutzuckerspiegel beeinflussen kann.
• Sympathomimetische Wirkung: Verständnis des vegetativen Nervensystems ist hilfreich, da es die meisten Wirkungen und Nebenwirkungen erklärt. Elvanse ist ein indirektes Sympathomimetikum.
• Nebenwirkungen können sowohl bei einer zu niedrigen, als auch bei einer zu hohen Dosierung auftreten.
  • Die individuell passende Dosierung ist unterschiedlich und liegt bei den meisten Betroffenen zwischen 30 – 70 mg/ Tag. Die Dosis- Wirkungsbeziehung bzw. die individuelle therapeutische Breite verläuft nicht unbedingt linear. So kann es sein das du mit 30 mg Nebenwirkungen hast, welche du mit 50 mg nicht mehr hast.
• Auch wenn du eine guter Wirkung verspürst, versuche noch die nächsthöhere Dosis um einen Vergleich zu haben. Manchmal muss man ein bis zwei Stufen erhöhen und dann doch wieder in die andere Richtung gehen. Es ist immer ein „try and error“, da die wirksame Dosis so individuell ist.

Individuelle Lösungen (Off Label Use)

• Kleinere Dosisanpassung: Kleinere Schritte (10 mg oder 5 mg) können besser sein, da manchmal die ideale Dosierung „dazwischen“ liegt.
  • Ich persönlich halte 10 mg Stufen am sinnvollsten. Bei einigen machen auch 5 mg einen Unterschied (5 mg weniger sind zu wenig, 5 mg mehr zu viel).
• Kapsel aufteilen: Den Inhalt der Kapsel kann man durch auflösen in Wasser und abmessen mit Spritzen oder Flaschen einfach teilen und so individuell dosieren. Dieses Vorgehen ist Off Label. Der aufgelöste Wirkstoff wird dann einige Tage im Kühlschrank gelagert. Es gibt keine offiziellen Untersuchungen darüber, wie lange sich der aufgelöste Wirkstoff hält – es wurden jedoch keine Nachteile festgestellt.
• Für einige liegt die am besten wirksame Dosis unter 30 mg, in seltenen Fällen sogar unter 10 mg. Diese Patienten wären dann mit 30 mg bereits überdosiert.
  • Deshalb kann es einen Versuch wert sein nachdem es mit den üblichen zugelassenen Dosierungen nicht funktioniert – nach einigen Tagen Pause könnte man dann nochmal mit einer Initialdosis von 10 mg (oder sogar 5 mg) beginnen.

CAVE: dies ist jedoch nicht grundsätzlich ein „sichereres“ Vorgehen für alle Patienten! Aufgrund der Dosis Wirkungsbeziehung kann eine Unterdosierung ebenfalls zu Nebenwirkungen führen (ohne das eine gewünschte Wirkung auftritt!) , welche die Betroffenen mit der für sie optimalen Dosis nicht haben! Dies gilt besonders für Dosierungen unter 20 mg welche im subtherapeutischen Bereich liegen. Subtherapeutische Dosierungen der Sympathomimetika können zu unangenehmen Symptomen führen und eine wirksame Therapie verhindern!

• Ebenso gibt es individuell Betroffene welche eine höhere Dosierung als 70 mg / Tag benötigen.
• Einige benötigen zweimal täglich eine Einnahme, da die Wirkung sonst zu kurz ist und eine höhere Einzeldosis jedoch nicht zu einem guten Ergebnis führt.
  • Zunächst sollte man jedoch immer erst die Einzeldosis erhöhen. Durch eine höhere Einzeldosis befindet man sich auch länger im spürbaren Bereich.
• Einige verstoffwechseln Elvanse schneller als andere.
• Anleitung zur Wassermethode um Elvanse aufzuteilen
• Ergänzung mit Dexamfetamin (Attentin) kann sinnvoll sein. Attentin gibt es in unretardierten Tabletten. Diese sind für Erwachsene in Deutschland nicht zugelassen, können jedoch auf einem Privatrezept als Off Label Use verordnet werden – muss privat bezahlt werden. Attentin wirkt 4-6 Stunden. Wenn die Wirkdauer von Elvanse nicht ausreicht, eine zweifache Einnahme jedoch zu einer zu langen Wirkdauer führt kann man mit Attentin gut flexibel nach Bedarf dosieren.
  • Auch während der Eindosierung kann dies sinnvoll sein um neue Dosierungen auszuprobieren. Im Falle einer „Überdosierung“ hält diese nur wenige Stunden an – und es ist nicht der ganze Tag im Eimer 🪣.

Wichtige Hinweise

Es gilt bei Stimulanzien nicht „viel hilft viel“ und aber auch nicht unbedingt „wenig macht weniger Nebenwirkungen“

• Neue Dosierungen (20 mg, 40 mg, 60 mg) sind zugelassen, aber noch nicht verfügbar.
  • Es gibt aktuell Elvanse (für Kinder zugelassen) in den Dosierungen 20 mg, 40 mg und 60 mg – diese Dosierungen sind laut Takeda auch bereits für Erwachsene zugelassen, jedoch noch nicht erhältlich. Manche Ärzte verschreiben diese Dosierungen auch Off Label
• Elvanse ist kein Retardpräparat, sondern ein Prodrug. Das heißt, Lisdexamfetamin wird erst im Blut zum aktiven Wirkstoff Dexamfetamin umgewandelt.
• 30 mg Elvanse enthalten 8,9 mg Dexamfetamin.
• Elvanse wirkt 2-3 x so lange wie Attentin
• Obwohl Lidexamfetamin manchmal in Äquivalenztabellen auf Methylphenidat umgerechnet wird – ist dies meiner Meinung nach nicht sinnvoll! Die Medikamente lassen sich aus pharmakologischer Sicht nicht wirklich umrechnen und werden auch unterschiedlich metabolosiert. Einige benötigen nur eine kleine Dosis Methylphenidat, jedoch eine höhere Dosis Lisdexamfetamin. Deshalb sollte man immer nach einem Wechsel auch mit der Initialdosis von 30 mg beginnen.
• Elvanse sollte besonders während der Titrationsphase nicht pausiert werden, es sei denn es treten unangenehme Nebenwirkungen auf. Ist die passende Dosierung gefunden kann das Medikament bei Bedarf pausiert werden.
• Dexamfetamin hat eine längere Halbwertszeit als Methylphenidat, ca 10 Stunden. Dadurch kommt es erst nach etwa 5 Tagen zu einem „steady state“.

Fazit

• Die individuell passende Dosis erfordert Geduld und kann durch “Trial and Error” gefunden werden.
• Nebenwirkungen können bei zu hoher sowie zu niedriger Dosierung auftreten.
• Der Austausch mit anderen Betroffenen kann sehr unterstützend sein.

Meine persönliche Erfahrung mit der Eindosierung von Elvanse.